Demokratie kann auch ganz schön dumm laufen – besonders auf Zypern.

Ja, der Zyperndeal ist ungerecht. Das ist tragisch, aber noch nicht schlimm. Ungerechtigkeiten gibt es in jeder Wirtschaftskrise. Die guten wirtschaftlichen Zeiten sind dazu da, diese Ungerechtigkeiten durch Umverteilung wieder auszugleichen. Viel schlimmer ist, dass der nachverhandelte Zyperndeal auch noch willkürlich ist. Schuld daran ist das zyprische Parlament. Der Sieg der Demokratie ist ein Infernal der Willkür.

Ein Land, das solche Demokraten hat, braucht keinen Euro und keine Troika, um seine Zukunft zu ruinieren. Das erkennt man, wenn man beide Pläne kurz miteinander vergleicht. Plan A sah vor, alle Bankeinlagen bei allen zyprischen Banken mit einer gestaffelten Sonderabgabe zu belasten. Unter 100.000 Euro wären 6,4% über 100.000 Euro 9,6% fällig gewesen. Plan B hingegen sieht vor, dass bei einer zyprischen Bank, der Bank of Cyprus, mindestens 25% auf alle Einlagen über 100.000 Euro eingezogen werden und eine andere zyprische Bank, die Laiki Bank, vollständig abgewickelt wird. Das heißt für die Anleger der zweiten Bank, dass sie sehr wahrscheinlich 100% ihrer Einlagen, die 100.000 Euro übersteigen, verlieren werden. Man kann darüber streiten, was nun gerechter ist. Alle Klein- und Großanleger pauschal für die Rettung eines ganzen Bankensystems heranzuziehen, das im Zuge eines Staatsbankrotts zusammenbrechen würde oder aber einzelne Großanleger in viel stärkerem Maße, teilweise vollständig, haften zu lassen. Willkürlicher ist letzteres es in jedem Fall. Plan B wäre nur dann nicht willkürlich, wenn gar keine Bank gerettet würde. Dann würden alle Anleger in gleichem Maße haften: gleiches Recht für alle. Damit wäre zwar das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des zyprischen Finanzsystems verloren, aber das in die Institutionen des zyprischen Staates erhalten worden. Leider wäre dann dieser Staat pleite gewesen und dann nützen auch gute Institutionen wenig, wenn der Staat seine eigenen Zahlungsversprechen nicht erfüllt. Und weil das mit Bank- und Staatsinsolvenzen so schwierig ist, spricht prinzipiell auch nichts gegen eine Einbeziehung der Gläubiger zur Rettung der Banken, weil sich jeder vernünftige Mensch für einen kleineren sicheren Verlust entscheidet anstatt mit großer Wahrscheinlichkeit einen Totalverlust in Kauf zu nehmen. Will man nun politisch Einlagen bis zu einer bestimmten Höhe schützen, muss man eben höhere Vermögen stärker belasten. Aber auch dann sollte das gleiche Recht für alle gelten und wahrscheinlich wäre es sehr klug gewesen auch Sachvermögen und nicht nur Finanzvermögen zu belasten.

Stattdessen überboten sich zyprischen Demokraten, oder nennen wir sie lieber Populisten, mit neuen Absurditäten. Zunächst wollten sie lieber ihr Volk kollektiv für neue Schulden bürgen lassen, obwohl der von ihnen regierte Staat faktisch pleite ist. Dafür sollten die Pensionen und der Kirchenbesitz verpfändet werden. Wetten, dass den meisten Zyprern nicht bewusst war, dass sie hier einen sicheren kleinen Verlust bei ihren Bankeinlage gegen einen unsicheren, aber nicht unwahrscheinlicher Totalverlust ihrer Pensionen getauscht hätten? Zumal beim erstens Szenario auch ausländische Kontenbesitzer die Staats- und Bankenrettung finanziert hätten. In der Finanzwissenschaft nennt man das Fiskalillusion. Die meisten Menschen haben nämlich schlicht nicht die Zeit und manche auch nicht die Phantasie, um solche Spielchen zu durchschauen. Zum Glück hat die deutsche Regierung dieses miese Spiel verhindert. Ein bisschen weniger absurd war die Idee, die weder erschlossenen noch vollständig erkundeten Erdgasvorkommen zu verpfänden. Leider wollte auf diese Wette keiner einsteigen, nicht mal die Russen wollten mitspielen.

Stattdessen spielt die zyprische Regierung nun im Plan B russisches Roulette mit den Bankkunden: zufällig  erwischt es die einen voll, die anderen ein bisschen und manche gar nicht. Willkürlich ausgewählte Bankkunden müssen jetzt die ganze Zeche für die zyprische Steuerparadiesparty zahlen, obwohl das gesamte zyprische Finanzsystem marode ist. Man könnte meinen, da trifft es nicht die falschen. Schließlich haben sie von der Niedrigsteuerpolitik profitiert. Aber Bankeinlagen sind nicht zwangsläufig Vermögen. Auch ausgezahlte Kredite sind Bankeinlagen. Manchen trifft es also nicht mit 100%, sondern mit 200% + Zinsen. Wer also investieren wollte und sich sich Geld bei der falschen Bank geliehen hat, hat nun Pech, weil sein Geld konfisziert wurde, er nicht investieren kann, aber trotzdem seinen Kredit weiter abbezahlen muss. Das wäre bei Plan A nicht passiert. Bei Plan B wird also nicht nur der Finanzsektor, er eh nicht mehr zu retten ist erschüttert, sondern das Vertrauen in die politischen und rechtlichen Institutionen gleich mit zertrümmert.

Für die Zukunft Zyperns ist das fatal. Denn das Land verfügt über gut ausgebildete Menschen, es braucht nur ein neues Geschäftsmodell. Dafür braucht Zypern neue Investitionen. Aber wer will schon in ein Land investieren, dessen Regierung willkürlich Menschen enteignet und Investoren in den Ruin treibt? Die beiden Ökonomen Daron Acemoglu und James Robinson sehen in solchen schlechten politischen Institutionen die wesentliche Ursache für den Aufstieg und Fall von Nationen. Zypern ist deshalb die längste Zeit wohlhabend gewesen. Die gut ausgebildeten und talentierten werden auswandern, der Rest wird bleiben und wenn es gut für sie läuft werden sie Teil des maroden Staatsapparates, der in Korruption versinkt, weil er immer weniger Geld zur Verfügung hat, um seine Staatsdiener anständig zu bezahlen. Die Abwärtsspirale hat begonnen.

Hoffentlich ist das eine Warnung an die Regierungen in der Schweiz, in Luxemburg, in Holland, in Großbritannien und einigen andere Ländern, die glauben, dass organisierter Steuerbetrug ein gutes Geschäftsmodell ist. Hoffentlich ist es ein Denkanstoß für all die Kapitalismuskritiker, die vorbehaltlos glauben eine „demokratisierte“ Wirtschaftsordnung würde zu einer besseren Welt führen. Demokratie kann auch ganz schön dumm laufen – nicht nur auf Zypern.

Veröffentlicht unter Uncategorized | Kommentar hinterlassen

Die FAZ auf dem Kreuzzug gegen die EZB

Frankfurt war immer ein Zentrum der Ordnungspolitik. Vereinfacht gesagt, besagt die Ordnungspolitik, dass der Staat nur die Ordnung der Wirtschaft schaffen, aber keinesfalls selbst in die Wirtschaftsprozesse eingreifen sollte. Aus dieser Überlegung und aus dem historischen Trauma der Hyperinflation heraus hat sich die Bundesbank dem Ziel der Preisstabilität strikt verpflichtet. Jeder Eingriff in die Wirtschaft seitens der Bundesbank galt in der BRD als verpönt, wenn er nicht der Inflationsbekämpfung diente.  Das gilt immer noch insbesondere bei dem Kauf von Staatsanleihen durch Zentralbanken. Besonders in Frankfurt wird das als Sündenfall angesehen, der unweigerlich in zu einer neue Hyperinflation führen muss. Auch die Redakteure der Frankfurter Allgemeinen (Sonntags-)Zeitung teilen diese Ansichten. Räumliche Nähe führt halt oft zu intensivem Gedankenaustausch.

Nun ist diese Angst vor allem auf kollektive Traumata zweier Generationen zurückzuführen, die 1923 die Hyperinflation erlebt und die Währungsreform nach dem zweiten Weltkrieg mitgemacht haben. Seitdem ist im kollektiven Gedächtnis der Bundesrepublik festgeschrieben: Inflation ist böse und niedrige Zinsen führen genauso wie der Kauf von Staatsanleihen mit Zentralbankgeld immer zur Geldentwertung. Das ist auch das Mantra, welches die alte Tante FAZ, deren Wirtschaftsteil normalerweise zu den besten der Republik gehört, Tag für Tag herunter betet. Die FAS hat sogar ein ganzes Buch ihrer Sonntagsausgabe der Eurokrise und den Gefahren für den deutschen Sparer gewidmet (kleiner Auszug hier und hier) . Grundtenor: die EZB ist beherrscht von einem inflationsgeilen Italiener, der sein Heimatland auf unsere Kosten sanieren will. Aus der heiligen Stadt der Ordnungspolitik macht der ein geldpolitisches Sodom und Gomorra. Als Beleg für diese These wurde sogar Reinhold Messner ausgegraben und befragt. Wahrscheinlich, weil der Südtiroler, also Italiener ist, und deshalb diesen Verschwörungsunsinn als reicher Norditaliener/Südtiroler gerne bestätigt hat oder aber weil Bergvergleiche gerade groß in Mode sind (wie eindrucksvoll Markus Söder, ein wahrhaft christlicher Politiker, belegt). Wer die Geschichten vom Yeti geglaubt hat, möge auch das Märchen von der Euromafia glauben.

Für alle anderen schreibe ich diesen Post. Zunächst einmal möchte ich mit dem Märchen aufräumen, dass die Bundesbank niemals Staatsanleihen gekauft hätte. Stimmt nicht, das hat sie in den 70ern sehr wohl getan, um die Renditen der Staatsanleihen zu drücken, eine Rezession zu vermeiden und das Preisniveau stabil zu halten. Damals wurde diese Aktion mit der außerordentlichen Situation der Ölkrise gerechtfertigt. Genau das will jetzt die EZB tun, in einer Situation, die eher etwas mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 und weniger mit der viel moderateren Ölkrise zu tun hat. Die normalen Maßnahmen, die ihr dafür zur Verfügung stehen, sind ausgereizt. Der Leitzins nähert sich 0% und die Banken horten das Geld anstatt es in die Wirtschaft zu pumpen. Dennoch gibt es in vielen europäischen Ländern eine Rezession mit Deflationsgefahr, also einem sinkenden Preisniveau. Auch dagegen muss die EZB etwas tun, denn das Preisniveau muss nach oben und nach unten stabil sein. Die meisten Makroökonomen und Wirtschaftshistoriker glauben inzwischen, dass eine Deflation zur großen Weltwirtschaftskrise geführt hat und die Zentralbanken damals zu zaghaft waren. Wenn also sonst nichts mehr funktioniert, muss die EZB zu ungewöhnlichen Maßnahmen greifen, sonst kann es sein, dass zu den zwei kollektiven Traumata der BRD bald ein drittes dazu kommt: die große  Eurokrise, bei der den Deutschen ein Großteil ihres Auslandsvermögens flöten gegangen ist. Nach Berechnungen des Sachverständigenrates hat die BRD, also all die fleißigen sparsamen Menschen hierr, 3,3 Billionen Auslandsvermögen angehäuft. Ein Großteil davon ist im Euroraum angelegt. Natürlich insbesondere in den Ländern, die ein Leistungsbilanzdefizit und viele Schulden haben. Klar, die Schulden des einen, ist das Vermögen des anderen.

Die Deutschen haben also ein großes Eigeninteresse den Euro nicht zerbrechen zu lassen. Die EZB muss das Preisniveau im ganzen Euroraum stabil halten und die Europäischen Regierungen brauchen dringend Geld, um schlimme wirtschaftliche und soziale Verwerfungen abzufedern, damit sie überhaupt lang genug im Amt sind und Strukturreformen nicht nur anstoßen, sondern auch zu Ende bringen zu können. Was läge da näher als zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, wie es die EZB tut? Frisches Geld gegen gute Reformen. Mit einer lateinischen Verschwörung gegen Deutschland hat das nichts zu tun, sondern mit viel Vernunft. Es gibt zwei Einwände gegen diese Maßnahmen. Einen guten und einen zu kurz gedachten. Der gute Einwand lautet: wird es die EZB schaffen eine höhere Inflation zu verhindern? Zumindest kann sie das. Wenn sie die Leitzinsen und die Mindestreservepflicht der Banken für ihre Zentralbankkonten erhöht, eigene Anleihepapiere ausgibt oder Wertpapiere wieder verkauft, sammelt sie überflüssiges Geld ein, vernichtet es und weg ist der Inflationsdruck. Das Risiko steckt hier in den Wertpapieren, die natürlich zu einem erheblichen Teil aus Staatsanleihen bestehen und, wenn die Situation nicht besser wird, unter Umständen keine Käufer mehr finden werden. Allerdings hat die EZB gegenüber den Reformländern eine glaubwürdige Drohung: sie muss gemäß ihrer Statuten das Preisniveau stabil halten. Wenn diese Regierungen ihren Job nicht machen und das Preisniveau trotzdem anfängt zu steigen, weil es dem, Rest des Euroraums besser geht, muss sie intervenieren und die Anleihenkäufe stoppen. Es ist sogar wahrscheinlich, dass sie das tun wird. Denn in diesem Fall hätten die boomenden Länder wohl eine Mehrheit im EZB-Rat (sonst könnte es dem Euroraum insgesamt nicht besser gehen), der über solche Programme entscheidet und die wollen natürlich keine Inflation. Sofern zu diesem Zeitpunkt auch eine Bankenunion installiert ist und der ESM in Kraft ist, hätte man alle Möglichkeiten einen Staatsbankrott dieser Länder zu verkraften, ohne dass Finanzsysteme kollabieren und Vermögen vernichtet werden.

Der schlechte Einwand lautet: die EZB darf keine Fiskalpolitik machen. Das ist die Sache der nationalen Regierungen. Das ist formal richtig. Leider machen die nationalen Regierungen das nicht in ausreichender Menge und Geschwindigkeit. Der ESM ist immer noch nicht in Kraft, es gibt immer noch keinen Schuldentilgungsfonds, der Fiskalpakt ist immer noch nicht unterzeichnet. Es gibt keine Anstrengungen endlich die politische Architektur der EU zu verbessern, so dass neben die gemeinsame Geldpolitik auch eine koordinierte Wirtschaftspolitik tritt. Dass hier die Finanzmärkte nicht einfach geduldig warten, während die Wirtschaft großer Euroländer den Bach runter geht, wird ihnen kaum jemand verdenken. Wieder einmal sind es nationale Regierungen, die verantwortungslos handeln. Die EZB ist nur der Lückenbüßer, die versucht den Laden zusammenzuhalten. Sollte dieser Kreuzzug erfolgreich sein, wird das letzte Bollwerk gegen das Eurofukushima geschleift und die FAZ-Redakteure können kommentieren wie Europa im wirtschaftlichen Chaos versinkt.

Dieser Ordnungspolitische Kreuzzug hat also das falsche Ziel. Er sollte nicht gegen die EZB, sondern gegen die Regierungen gehen, die verhindern, dass Institutionen geschaffen werden, die es der EZB erlauben sich wieder nur auf die Geldpolitik zu konzentrieren. Stattdessen wir hier der Retter als Täter, als Erfüllungsgehilfe einer mafiösen Verschwörung einer italiensich-spanischen Bande diebischer Politiker dargestellt. Völlig absurd, beleidigend, nervig, gefährlich, kurzsichtig und unhistorisch. Chapeau FAZ!

 

Update: offensichtlich gibt es auch bei der FAZ, Journalisten, die eine gute ökonomische Ausbildung genossen haben und stetig dazu lernen. Gerald Braunberger ist so einer, der im Wirtschaftsblog der FAZ, FAZIT, einen hervorragenden Artikel zum (nicht eindeutigen) Zusammenhang zwischen Staatsausgabenkäufen und Inflation geschrieben hat.

Veröffentlicht unter Uncategorized | Kommentar hinterlassen

Die Mär vom großen Zahlmeister

Es war einmal ein friedliebendes Land in der Mitte eines kleinen Kontinents. Die Menschen in diesem friedliebenden Land waren fleißig und sparsam. Sie waren so fleißig, dass sie sehr viele Waren herstellten und so sparsam, dass sie nicht alle dieser Waren kauften. Was sollten sie jetzt mit diesen vielen Waren tun? Ganz einfach dachte sich die fleißigen Leute und verkauften sie in die vielen anderen Länder auf dem Kontinent. Dadurch konnten sie viel Geld verdienen und noch mehr sparen. Sie lebten lange glücklich und zufrieden, bis die faulen, verschwenderischen Menschen in den anderen Ländern, den friedliebenden Menschen etwas von ihren Ersparnissen wegnehmen wollten, weil sie ihre Schulden nicht mehr bezahlen konnten. Natürlich sahen die fleißigen, sparsamen Menschen nicht ein, warum sie etwas abgeben sollten, wo die anderen so faul und verschwenderisch waren.

Da die Menschen aber so friedliebend waren, sagten sie sich: „Lasst uns ihnen Geld leihen, damit sie nicht ganz so leiden müssen“ und kamen sich dabei sehr großherzig vor. Weil Strafe aber sein musste, damit so etwas nie wieder vorkommen konnte, knüpften sie ihre Großzügigkeit an strenge Bedingungen: nur wenn die Menschen in den anderen Ländern genauso sparsam und fleißig wie sie selbst würden, könnten sie das Geld bekommen. Auf keinen Fall wollten sie der große Zahlmeister werden.

Jetzt wunderten sich die fleißigen Menschen, dass ihre faulen Nachbarn böse wurden. Man wollte ihnen doch nur helfen, selbst sparsam, fleißig und reich zu werden. Stattdessen forderten die faulen Menschen, dass die fleißigen, sparsamen Menschen auch etwas verschwenderischer werden sollten. Welch eine Frechheit, dachten sie sich. Das könne ja nicht gut gehen. Diese Länder würden doch zeigen, wo es hin führe, wenn man verschwenderisch und nicht sparsam sei. Und so stritten sich die friedliebenden, fleißigen Menschen mit ihren faulen Nachbarn.

Nun ist diese Geschichte leider kein Märchen, sonst käme jetzt ein Goldregeln, ein Goldesel oder irgendein anderer Geldscheißer würde die Rolle des Zahlmeisters übernehmen. Diesen Geldscheißer gibt es zwar und der heißt EZB, aber das ist eine andere Geschichte. Wie kann diese Geschichte nun zu einem guten Ende führen? Werden alle so wie die fleißigen, sparsamen Menschen wodurch alle Probleme weggezaubert werden? Das wäre zu schön um wahr zu sein.

Die fleißigen Menschen hatten da auch einfach nicht richtig nachgedacht. Wer sollte denn ihre Waren kaufen, wenn die anderen genauso sparsam wären wie sie selbst? Jetzt erkannten sie, dass die verschwenderischen Menschen ihre Produkte dann nicht mehr kaufen würden. Große Pleite für den großen Zahlmeister. Denn wenn es viele Waren gibt und wenige Käufer, werden die Preise dieser Waren sinken. Die fleißigen Menschen bekämen dann weniger Geld und könnten weniger sparen. Sie erkannten: „Wir brauchen ja selbst einen großen Zahlmeister, der unseren Reichtum finanziert.“ Die faulen, verschwenderischen Menschen konnten das aber nicht sein. Denn denen müsste man ja Geld leihen, damit die weiter ihre Waren kaufen könnten. Das war den fleißigen Menschen zu anrüchig und so dachten sie sich eine andere Lösung aus. Denn es gab ja noch ganz viele andere Kontinenten auf denen Menschen wohnten und denen könnte man ja all die Waren verkaufen, die auf dem kleinen Kontinent zu viel produziert wurden. Im fernen Kontinent Asien kauften sie nämlich gern die Waren aus dem kleinen friedliebenden Land. Die Menschen in Asien waren genauso fleißig und sparsam. Auch sie produzierten mehr Waren als sie selbst kauften. Jetzt sollten einfach alle Menschen von dem kleinen Kontinent diesen Menschen Waren verkaufen, Geld verdienen und sparen. Doch als die fleißigen Menschen genau darüber nachdachten, stellten sie fest, dass selbst das keine Lösung war, denn irgendein Land musste weniger produzieren als kaufen, sonst ging die Rechnung nicht auf. Wo war dieses reiche Land, dass es sich leisten konnte alles zu kaufen? Sie suchten es, fanden es aber nicht und wurden ratlos.

Doch dann kamen ein paar kluge Frauen und Männer, die Wirtschaftsweisen, und erklärten ihnen, dass es dieses reiche Land gar nicht gab, sondern dass sie schon immer den verschwenderischen Menschen ihren Konsum finanziert hatten. „Schock, Skandal, Betrug, wie konnte das denn sein?“ schrien die fleißigen Menschen. Da wurden sie von den Faulen aber ganz schön reingelegt. „Nein“ sagten die Wirtschaftsweisen und erklärten den fleißigen Menschen die Kehrseite ihres Geschäftsmodells: „Ihr kauft wenig, produziert und verkauft aber viel. Ihr müsst denen Geld leihen, die es andersrum machen, sonst funktioniert es nicht. Wenn es alle genauso machen würden, wie Ihr würdet Ihr viel weniger verkaufen. Überall würden die Preise sinken, die Einkommen zurückgehen und viel weniger produziert, was wieder zu sinkenden Einkommen und zu sinkenden Preisen führen würde.“ Die Wirtschaftsweisen erklärten ihnen, dass man das „Depression“ nennt. Das wiederum kannten die fleißigen Menschen, sie nannten es nur „Burn-Out“.

Jetzt verstanden die fleißigen, sparsamen Menschen auch ihre verschwenderischen Nachbarn und warum sie böse geworden waren. Wenn alle so sparsam wären wie sie selbst, könnte nach einer Weile überhaupt niemand mehr sparen, weil niemand mehr Geld verdienen würde. Sie erkannten auch, dass ihre Nachbarn arm geworden waren, weil sie das meiste ihres Geldes für Zinsen ausgeben mussten. Die fleißigen Menschen hatten ihnen natürlich das Geld nicht einfach so geliehen, sondern wollten eine Rendite haben. Das Geld für die Zinsen konnten sie jetzt aber nicht für Waren aus dem friedliebenden Land ausgeben. Es reichte nicht einmal für die Zinsen, so dass die Schulden immer mehr wurden. Da fiel es den fleißigen Menschen wie Schuppen von den Augen: „Wir sind nicht Zahlmeister, sondern Importfinanzierer und nur deshalb Exportweltmeister.“

Jetzt erkannten sie, dass sie zwei Dinge tun mussten. Sie mussten erstens den armen Menschen im Süden helfen. Dafür führten sie einen Schuldentilgungsfonds ein, in den alle alten Schulden eingelagert wurden und für den sie mit hafteten, so dass die Zinsen sanken. So konnten die armen Menschen im Süden wieder Geld für Waren von den fleißigen Menschen ausgeben. Die fleißigen Menschen erkannten aber zweitens auch, dass es besser ist, sein Geld einfach mal auszugeben anstatt immer zu sparen und es anderen Menschen für den Konsum zu leihen, die es dann später irgendwann nicht mehr zurückbezahlen können.

So wurden die fleißigen Menschen etwas verschwenderischer und die verschwenderischen Menschen etwas fleißiger. Denn durch die größere Nachfrage in dem friedliebenden Land nach ihren Waren, lohnte es sich für sie wieder fleißig zu sein. Niemand wurde zum Zahlmeister, allen ging es besser. Und so lebten sie friedlich, glücklich und zufrieden bis zum Ende des Kapitalismus.

Veröffentlicht unter Uncategorized | Kommentar hinterlassen

TARGET 2 – Finanz-Fukushima im Land der Exportweltmeister?

TARGET 2 -Was klingt wie eine hochtechnologische Superdrohne, die für die gezielte Tötung pakistanischer Terroristen entwickelt wurde, wird von der CSU und einigen Ökonomen gerne als Zeitbombe mit Ausbeutungsfunktion gesehen. Ein Finanz-Fukushima mit Ansage. Dieser vermeintliche Eurotrojaner ist eigentlich ein Bilanzsaldo der am Euro beteiligten nationalen Zentralbanken. Jedes Euroland hat einen davon. Technisch gesehen ist dieser Saldo, wenn er positiv ist, eine Forderung gegenüber der EZB. Der Targetsaldo der Bundesbank, der fälschlicherweise oft absichtlich als „TARGET-Kredit“ bezeichnet wird, ist positiv und beläuft sich mittlerweile auf über 700 Milliarden Euro. Die EZB schuldet der Bundesbank Geld in der gleichen Höhe. Ist der Saldo negativ, ist es genau umgekehrt. Eine Zentralbank, wie die griechische Notenbank, schuldet dann der EZB Geld. Aber handelt es sich hier um eine „versteckte“ Finanzhilfe, die vom Parlament hätte bewilligt werden müssen? Nein, denn diese Salden sind die logische Konsequenz eines gemeinsamen Währungsraumes, in dem es keinen Unterschied zwischen griechischen und deutschen Euros gibt.

Um das zu verstehen, muss man sich verdeutlichen, wie Banküberweisungen funktionieren. Der ein oder andere hat sich vielleicht schon mal gefragt, wie das Geld von der einen zur anderen Bank kommt. Inländische Banken  nutzen dafür ihre Zentralbank, wo sie verpflichtend Konten haben. Im Euroraum ist das etwas anders. Die nationalen Zentralbanken wurden nicht mit abgeschafft bei der Einführung des Euros. Damit die Beamten da weiterhin was zu tun haben wurde das TARGET 2 System entwickelt. Dieses System wird für grenzüberschreitende Überweisungen im Euroraum genutzt. Keine Ahnung warum das die EZB nicht direkt macht, vielleicht wollte man den Zentralbankbeamten den Umzug nach Frankfurt oder einen Jobwechsel nicht zumuten. Wenn jetzt z.B. die Deutsche Bank Geld an die Credit Agricole überweisen will, gibt sie der Bundesbank die Anweisung Geld nach Frankreich zu transportieren. Dafür muss das Geld von der Bundesbank zur französischen Nationalbank transferiert werden. Beide machen das nicht über die EZB (warum nicht, weiß ich auch nicht), sondern direkt, indem sie Geld machen und Geld vernichten. Die Bundesbank vernichtet Geld in Höhe der Überweisung. Die französische Nationalbank macht daraufhin Geld und bucht es auf das Konto der Credit Agricole. Nun dürfen die Zentralbanken das nicht machen wie sie wollen, sonst würde die EZB die Hoheit über die Geldpolitik verlieren. Deshalb haben Zentralbanken eine Bilanz, aus der Geld nicht einfach so verschwinden kann. Die Bundesbank bucht eine Verbindlichkeit gegenüber der EZB ein. Die französische Nationalbank wiederum erhält eine Forderung gegenüber der EZB. Die Targetsalden bilden zunächst einmal nichts anderes ab, als den Geldfluss innerhalb der Eurozone. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass Deutschland so hohe positive Targetdsalden hat. Wir sind Exportweltmeister, also fleißig und außerdem sparsam. Solchen Leuten gibt man gerne sein Geld. Es ist also ganz normal, dass mehr Geld nach Deutschland überwiesen wird, als aus Deutschland heraus. Beschränkt man diese Salden, gibt es keinen gemeinsamen Währungsraum mehr. Die Bundesbank könnte dann nämlich sagen: Nee, griechische Euros nehmen wir nicht mehr! Das gleiche würde bei der Verpflichtung zum Ausgleich der Salden durch Wertpapiere gelten. Was wenn die griechische Notenbank nicht ausreichend Wertpapiere hat? Dann dürften griechische Euros nicht mehr nach Deutschland – de facto gäbe es dann zwei Währungen.

Was soll auch daran schlecht sein, wenn Ausländer Geld nach Deutschland überweisen? Erst einmal gar nichts. Die Frage ist, wo das Geld herkommt, das nach Deutschland fließt. Hier liegt das eigentliche Fukushima. Es ist Zentralbankgeld der EZB. Die leiht Banken aus dem gesamten Euroraum Geld gegen Sicherheiten. Wenn die EZB Geld verleiht wächst dadurch die Geldmenge, man nennt das Geldschöpfung. Die stellt sicher, dass den Volkswirtschaften das Geld nicht ausgeht (im Mittelalter wurden Münzen immer kleiner, weil die Goldvorräte ausgingen, auf Dauer ist das ganz schön unpraktisch). Problematisch wird es aber erst, wenn die Sicherheiten schlecht sind und das Geld nur dazu genutzt wird, um es außer Landes zu bringen, z.B. nach Deutschland. Die Sicherheiten sind übrigens meistens Staatsanleihen, für die die Anforderungen immer weiter gesenkt wurden, um einen Liquiditätskollaps ganzer Volkswirtschaften zu vermeiden. Banken versorgen eine Volkswirtschaft mit Geld  –  sind sie alle illiqide (was durch self fulfilling prophecies zeimlich schnell auch gesunden Banken passieren kann), fällt eine Volkswirtschaft in die Tauschwirtschaft zurück, weil sie keine Euros mehr hat (die sind ja alle nach Deutschland überwiesen worden). Das versucht die EZB zu verhindern. Dadurch stapelt sich hier das Zentralbankgeld immer höher und im Süden kommen sie mit dem Drucken nicht nach. Das ist das eigentliche Problem des negativen TARGET 2 Saldos.

Ist dieses Geld, das in Deutschland jetzt bei den Banken herumliegt nicht durch einen entsprechenden realen Gegenwert gedeckt, ist es eigentlich weniger Wert. Das nennt man dann Inflation. Jetzt gibt es natürlich einen Gegenwert für das Geld und das sind die Targetforderungen gegenüber der EZB. Jetzt wird hoffentlich auch deutlich, warum wir diese Forderungen gegenüber der EZB und nicht direkt gegenüber den nationalen Zentralbanken haben: So sind die wesentlich sicherer. Die Targetforderungen müssen nämlich nur dann (!!!) abgeschrieben werden, wenn ein Land die Eurozone verlässt und es diese Forderungen nie wieder begleichen kann. Was bei einem Land, das sich wegen seiner Verschuldung vom Euro verabschiedet, allerdings ziemlich wahrscheinlich ist. Den Verlust aus einer Abschreibung würde aber zuerst einmal die EZB tragen. Erst wenn sie diesen Verlust nicht aus eigenen Reserven verkraften kann entsteht eine größere Gefahr. Denn entweder die Mitgliedsländer rekapitalisieren die EZB, d.h. sie geben ihr neue Wertpapiere, damit sie ihren Verlust ausgleichen kann, oder die EZB druckt einfach Geld, um den Verlust auszugleichen. Im ersten Fall würde Deutschland 27% der Ausfälle tragen. Der zweite Fall führt wahrscheinlich (sicher kann man da nicht sein) zu irgendeiner Form der Preissteigerung.

Es sind also nicht 700 Mrd. Risiken, sondern 189 Mrd., die in den Bundesbankbüchern stehen. Wenn die bayrischen Politiker nicht nur lesen könnten, sondern es manchmal auch täten, wüssten sie das. Außer sie haben Schwierigkeiten mit dem Rechnen. Aber nehmen wir mal an, der Risikofall tritt ein. Dann steht dem Haufen Zentralbankgeld kein gleich großer Haufen an Vermögenswerten gegenüber. Ist das automatisch ein episches Unglück? Nö, denn den Haufen Zentralbankgeld  gibt’s ja heute schon, und der sorgt hier für eine Nachfrage nach Konsumgütern,  Vermögenswerten oder Investitionen  –  ganz ohne Hyperinflation, dafür mit (nahezu) Vollbeschäftigung in vielen Regionen . Das ändert sich auch nicht, wenn die Bundesbank die Neue Mark einführt und dadurch die Target-Verluste tatsächlich eintreten. Die Bundesbank kann auch mit negativem Eigenkapital arbeiten. Wenn man sein Geld selbst machen kann, ist es egal wie viele Verbindlichkeiten man hat. Wenn nicht übermäßig, sondern nur für den Bedarf gedruckt wird, gibt es auch keine Inflation. Und selbst wenn die Bundesbank diese Abschreibungen durch Gelddrucken ausgleichen würde (und den Haufen noch größer macht), könnte das sogar hilfreich sein. Die Neue Mark würde bei der Einführung augenblicklich unter Aufwertungsdruck geraten, weil wir als Deutsche so sparsam und fleißig sind. Da bringt man gern bei uns seine Ersparnisse in Sicherheit. Dafür muss man aber Neue Mark kaufen, die dann knapp und teuer wird. Leider auch  für den Teil der Welt, der was von uns kaufen will und sich dann unsere Waren nicht mehr leisten kann.  Fukushima für den Exportweltmeister. Es sei denn der Haufen wertlosen Zentralbankgeldes wird noch größer und würde dafür sorgen, dass unsere Währung nicht ganz so teuer wird. Die Monetarisierung der Targetsalden  als Löschwasser für das Export-Fukushima.

Veröffentlicht unter Uncategorized | Kommentar hinterlassen

Eine Bad Bank von Staaten, für Staaten und durch Regierungen kontrolliert – ob das mal gut geht.

Der Europäische Stabilitätsmechanismus ist eine Art Bad Bank von Staaten für Staatsanleihen und durch Staaten kontrolliert. Er kauft Wertpapiere (Staatsanleihen) mit einem hohen Verlustrisiko. Jetzt wollen viele Regierungen den Europäischen Stabilisierungsmechanismus mit einer Banklizenz ausstatten. Damit könnte er sich Zentralbankgeld von der EZB leihen und es an die Staaten weiter verleihen. So ähnlich wie ein richtige Bank, nur mit sozialisierten Gewinnen. Was wie eine gute Idee klingt, kann zu einem geldpolitischen Super-Gau führen: hoher Inflation.

Gegen die Banklizenz sprechen zwei richtige Gründe, dafür nur ein Missverständnis.  Das Missverständnis ist die akut erhöhte Inflationsgefahr, wenn die EZB und nicht der ESM Staatsanleihen kauft. Inflationsgefahren gibt es aber im Euroraum derzeit nicht. Inflation entsteht, wenn Banken ständig frisches Zentralbankgeld bekommen, es an Konsumenten und Unternehmen verleihen und die mehr nachfragen als produziert werden kann. Im Moment verleihen Banken aber kein Geld, Konsumenten und Unternehmen wollen sich kein Geld leihen und die Produktion ist in den meisten europäischen Ländern von der Auslastung so weit entfernt wie ein Eisbär vom Südpol. Die EZB kann also zeitlich begrenzt Staatsanleihen kaufen, wenn es ihrem Mandat dient, das sie auf drei Ziele festlegt. Das vorrangige Ziel ist 2% Inflation – auch wenn es weniger ist, muss die EZB einschreiten. Nachrangige Ziele sind Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Alle drei Ziele wären durch Staatsbankrotte gefährdet. Wenn also die EZB Staatsanleihen kauft, muss das derzeit zu keinem Inflations-Super-Gau führen. Das gilt aber nur, wenn die Käufe nicht permanent und nicht übermäßig stattfinden. Wenn der ESM die Banklizenz bekommt, sieht das allerdings ganz anders aus.

Hier kommen die zwei richtigen Gründe ins Spiel. Erstens verliert die EZB die Kontrolle über das Ausmaß der Staatsanleihenkäufe. Die Banklizenz ermöglicht dem ESM quasi unbegrenzte Feuerkraft. Er kauft Staatsanleihen und hinterlegt sie als Sicherheit für Zentralbankkredite bei der EZB. Das führt dazu, dass die Länder wieder hervorragende Ratings bekommen, weil ihre Zahlungsfähigkeit nicht mehr bezweifelt werden muss. Die EZB muss diese Papiere dann immer als Sicherheit akzeptieren. Damit verliert sie die Herrschaft über die Geldmenge. Dann aber  gibt es zweitens keinen Grund mehr für Regierungen,  irgendetwas an ihrem Regierungsstil zu verändern. Wozu  sich unter schmerzhaften Reformen zu höherem Wohlstand quälen, wenn man unbegrenzt Kredit bei einer Bank hat, die nicht Pleite gehen kann? Hört sich doch auch eigentlich gar nicht schlecht an. Das Ganze hat aber einen großen Haken und der heißt Inflation. Auf diesem Planeten sind die meisten Dinge einfach knapp. Das heißt irgendjemand muss für die Zentralbankkredite bezahlen. Und wer ist das wohl? Ganz genau, der kleine Mann mit seiner Frau! Die Staaten bestellen immer mehr Geld, die Wirtschaft kommt nicht mit, sie hätte ja dringend reformiert gehört, und die Menschen nehmen  der EZB das Versprechen nicht mehr ab, dass sie die Preise stabil hält. Schock! Inflationsgefahr! Was tun? Das was Opa immer schon gesagt hat: Geld ausgeben und Vermögenswerte kaufen. Beides heizt die Inflation weiter an.

Aber was wenn die EZB als Ausgleich den Banken einfach weniger Zentralbankgeld gibt? Bankenpleiten wären wahrscheinlich. Die sind ziemlich teuer, meistens sogar teurer als die Rettung. Man müsste sie also mit dem Zentralbankgeld der Staaten retten. Und das ist noch nicht alles. Der Staat würde Zentralbankgeld ausgeben, das Bürger und Unternehmen von den Banken nicht bekommen, mit dem sie investieren und produzieren könnten. Das heizt die Inflation erst so richtig an  und die EZB kann nichts dagegen tun, weil die Regierungen mit ihren bestens bewerteten Staatsanleihen als Sicherheit immer mehr frisches Geld bestellen können. So entsteht kein Wohlstand, sondern das Gegenteil. Sonst wäre Simbabwe nicht so arm, sondern das reichste Land der Welt. Inflation trifft vor allem arme Menschen, die ihr gesamtes Geld ausgeben müssen und nichts sparen können. Schuldner, Grundbesitzer und Aktionäre stattdessen freuen sich. Ganz schön asozial.

Man kann auch nicht einfach damit aufhören, wenn es nötig wäre. Das institutionelle Design verhindert das. Regierungen können sich als Gesellschafter des ESM frisch gedrucktes Geld bei der EZB bestellen.  Man muss also weder die Steuern erhöhen noch irgendwo sparen. Welche Regierung könnte da widerstehen? Horst Seehofer vielleicht, der nie müde wird Steuererleichterungen zu fordern ? Unwahrscheinlich. Und selbst wenn es Regierungen gäbe, die das beenden wollten, könnten sie das nicht, weil sie für alle Schulden des ESM und die Verluste der EZB mit haften. Drehen sie den Geldhahn zu, trocknen sie mit aus. Eine Bad Bank von Staaten für Staaten die durch Regierungen kontrolliert wird ist deshalb eine schlechte Idee. Sie führt zu Quasi-Eurobonds und damit zu einem klassischen Dilemma: Wie man’s macht ist es verkehrt.

Aber es gibt einen Ausweg ohne den Euro zu schreddern. Dafür muss man die Altschulden und nicht die Neuverschuldung  vergemeinschaften. Eine gemeinsame Haftung für neue Schulden belohnt Reformanstrengungen nicht. Warum sollte die zyprische Regierung schmerzhafte Reformen verabschieden, wenn das überhaupt keinen Einfluss auf die Finanzierungsbedingungen des Staates hat? Vergemeinschaftet man hingegen die Altschulden sinkt die Zinslast auch, weil das Ausfallrisiko kleiner wird, aber die Reformanreize bleiben bestehen. Die zyprische Regierung muss sich nämlich weiterhin Gedanken um ihre zukünftige Kreditürdigkeit machen, wenn sie mehr Geld ausgeben als einnehmen will. Wir brauchen also einen Schuldentilgungsfonds. Der Sachverständigenrat hat dazu einen brillanten Vorschlag erarbeitet. Doch dazu ein andermal mehr.

Veröffentlicht unter Uncategorized | Kommentare deaktiviert für Eine Bad Bank von Staaten, für Staaten und durch Regierungen kontrolliert – ob das mal gut geht.

Die Macht der Besteuerung

Die ZEIT hat vor kurzem in ihrer Online Ausgabe vorgeschlagen, alle Einkommen deutscher Staatsbürger unabhängig von ihrem Wohnsitz zu besteuern. Jürgen Klinsmann, Thomas Gottschalk, Bodo Illgner, Boris Becker – alle müssten ihr Einkommen auch in Deutschland versteuern. Die Gefahr der Doppelbesteuerung ist dabei das geringste  Problem. Es geht hier nämlich ums Prinzip. Genauer: um Besteuerungsprinzipien, die sich der freiheitliche, demokratische Rechtsstaat, gegeben hat, um zu verhindern, dass er als Leviathan seine Untertanen ausbeutet.

Klingt irgendwie pathetisch? Stimmt, ist es auch. Staaten haben ein Gewaltmonopol. Ohne sich selbst an Prinzipien zu binden, könnte der Staat seine Bürger durch Steuern mit Gewalt in die Sklaverei treiben. Geld verdiene ich durch Arbeit. Wenn ich einen Teil des Geldes zwangsweise an den Staat abgeben muss, arbeite ich einen Teil meiner Zeit unbezahlt für die Gesellschaft. Wenn ich mich nicht entziehen kann, ist das Sklaverei. Zugegeben, das ist ein notwendiges Übel, aber auch nur in Maßen erträglich. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass der Spitzensteuersatz 50% nicht überschreiten darf.

Auch die echte Sklaverei kommt in der Geschichte der Besteuerung vor. Im alten Rom wurden die Staatsausgaben festgelegt und danach die pro Person zu bezahlenden Steuern ausgerechnet. Wer nicht zahlen konnte, wurde häufig vom Statthalter mit Staatsgewalt festgenommen und als Sklave verkauft. Das römische Besteuerungsprinzip hieß: was der Staat will, darf er sich holen. Klingt irgendwie ungerecht, fies und ausbeuterisch? Stimmt, deshalb haben sich Demokratien Besteuerungsprinzipien gegeben, die die Macht der Besteuerung beschränken. Der Leviathan legt sich selbst in Ketten. Falls er sie doch mal sprengt, gibt es noch eine elementare Beschränkung der Staatsgewalt: das Recht auf Auswanderung. Der Bürger darf sich der Besteuerungsgewalt des Staates entziehen, indem er sich in einen anderen Staat begibt.

Welchem Prinzip folgt nun der Vorschlag des ZEIT Redakteurs? Exakt dem römischen: der Staat braucht Geld deshalb darf er es sich einfach dort holen, wo noch was zu holen ist: bei den reichen Auslandsdeutschen. Ist dieses Prinzip nun weniger fies, ungerecht und ausbeuterisch, weil diese Menschen viel Geld verdienen? Nein, Prinzipien müssen universal gelten. Auch wohlhabende Menschen haben ein Recht darauf, vor staatlicher Besteuerungswillkür geschützt zu werden. Gerade wenn sie von ihrem Recht auf Auswanderung Gebrauch gemacht haben.

Welche Besteuerungsprinzipien haben wir in Deutschland? Im Wesentlichen sind es zwei: das Äquivalenz- und das Leistungsfähigkeitsprinzips. Diese Prinzipien sind vom Bundesverfassungsgericht anerkannt worden und auch die Finanzwissenschaft, die sich mit Einnahmen und Ausgaben des Staates beschäftigt, akzeptiert sie als normative Rechtfertigungen. Eine Steuer ist legitim, wenn sie sowohl eines dieser Besteuerungsprinzipien erfüllt als auch das Auswanderungsrecht gewährt.

Das Äquivalenzprinzip fordert, dass jeder Steuerzahlung eine entsprechende staatliche Gegenleistung haben muss. Ähnlich wie beim Einkaufen, wo man der Kassiererin auch nur Geld gibt, weil man dafür etwas bekommt. Die Gewerbesteuer wird durch dieses Prinzip gerechtfertigt. Unternehmen nutzen kommunale Infrastruktur und bezahlen dafür Steuern an die Kommunen. Eine Steuer nach dem Äquivalenzprinzip für Deutsche im Ausland zu erheben, wäre kein Problem. Sie könnten ja auf die Leistung einfach verzichten und müssten dann auch nichts bezahlen.

Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist das dominierende Steuerprinzip. Es besagt, dass jeder nach seiner Leistungsfähigkeit zu den Leistungen des Staates beitragen sollte. Das heißt: Gleiche Steuerlast, bei gleichem Einkommen, ungleiche Steuerlast bei ungleichem Einkommen. Dadurch wird die progressive Besteuerung gerechtfertigt. Ein im Ausland lebender Deutscher genießt aber die staatlichen Leistungen gar nicht. Ihn zu besteuern, würde bedeuten ungleiches, gleich zu behandeln. Nur wenn er weiterhin Einkommen in Deutschland erzielt, kann man das besteuern. Denn mit der Einnahmeerzielung hat er staatliche Leistungen wie Infrastruktur in Anspruch genommen und vom sozialen Frieden profitiert. Doch in diesem Fall (surprise, surprise) macht der Staat heute schon von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch. Für Einkünfte von Nichtinländern gilt das Territorialprinzip: das Einkommen wird dort versteuert, wo es entstanden ist. Der in den USA lebende Deutsche zahlt dann deutsche Steuern, wenn er ein deutsches Einkommen erzielt. In den USA hingegen wird er mit seinem Welteinkommen versteuert: sein gesamtes Einkommen, auch das deutsche, wird noch einmal der Besteuerung unterworfen. Die meisten Staaten, auch Deutschland, machen das so, wodurch ausländisches Einkommen oft doppelt besteuert wird. Mit Glück gibt es ein DBA, durch das der amerikanische Staat (zumindest teilweise) die Steuern auf das deutsche Einkommen erlässt. Heute schon wird also Einkommen dort besteuert, wo staatliche bzw. gesellschaftliche Ressourcen für die Entstehung genutzt wurden, Der Leviathan holt sich die Beute, die ihm zusteht und manchmal sogar deutlich mehr. Noch mehr wäre Ausbeutung.

Jetzt wenden die Verfechter dieser neuen Auslandsbesteuerung ein, dass deutsche Staatsbürger von den Leistungen des deutschen Staates und der Solidargemeinschaft profitiert hätten, sie aber nun im Ausland nichts zur Finanzierung beitragen. Besonders die Bildung und die frühere Nutzung der staatlichen Infrastruktur ermögliche ihnen ja erst, im Ausland Einkommen zu erzielen. Das stimmt. Aber muss man ein Ausbeutungsprinzip einführen, um dieses Problem zu lösen? Nein. Erstens gibt es legitimiere Finanzierungsmöglichkeiten. Studiengebühren, eine Autobahnmaut, also Steuern und Gebühren nach dem Äquivalenzprinzip, würden dieses Problem lösen (und indem man Einkommenstransfers nutzt, kann man das sogar solidarisch gestalten). Zweitens wird man zur Nutzung gezwungen. Man kann sich schließlich nicht aussuchen, in welchem Land man geboren wird. In Deutschland gibt es die Schulpflicht. Es wäre pervers erst Menschen zu etwas zu zwingen und sie dann dafür bezahlen zu lassen, dass sie gehorcht haben. In vielen Bundesländern kann man sich ja nicht mal die Schule aussuchen und dann auch nicht mehr, ob man Infrastruktur nutzen will. Zu Schulen kommt man eben meistens nur durch die Benutzung von Straßen. Die Forderung diese Nutzung zur Grundlage einer Auslandsbesteuerung zu machen, erinnert mich ein bisschen an Unternehmen im 19. Jahrhundert, die ihre Arbeiter gezwungen haben, in unternehmenseigenen Läden einzukaufen. Auch hier, wie im Manchesterkapitalismus, ist das zugrundeliegende Prinzip ausbeuterisch, weil es keine Möglichkeit gibt sich sowohl der Leistung als auch der Finanzierung zu entziehen.

Eine Besteuerung Auslandsdeutscher ist nur dann legitim, wenn er als Deutscher im Ausland davon profitiert Deutscher zu sein. Sicher nutzt er durch seinen Pass, Botschaften etc. den deutschen Rechtsstaat auch im Ausland. Hierfür könnte man aber eine einfache Steuer nach dem Äquivalenzprinzip einführen. Wahrscheinlich braucht man das aber gar nicht, denn die Botschaften berechnen Gebühren. Profitiert also ein Deutscher im Ausland von der Solidargemeinschaft, die eine progressive Besteuerung seiner Einkünfte rechtfertigen würde? Das ist nicht der Fall. Die Sozialversicherungen, die solidarische Leistungen finanzieren, leisten nur, wenn Beiträge eingezahlt wurden. Nur die Grundsicherung steht einem deutschen Staatsbürger in Deutschland zu, der nicht gleichermaßen zur Finanzierung des Solidarsystems beigetragen hat. Die steht aber jedem Menschen, der in Deutschland lebt zu. Damit hier gleiches nicht wieder ungleich behandelt wird, kann man diese Leistungen nicht für eine Besteuerungsrechtfertigung nutzen. Die einzige Rechtfertigung für eine progressive Einkommensbesteuerung für im Ausland lebende Deutsche wäre, wenn sie auch im Ausland die Leistungen der Solidargemeinschaft wahrnehmen könnten. Bei Hartz-IV Leistungen geht das. Der Staat muss aber, damit er das Auswanderungsrecht gewährt, diesen Deutschen die Möglichkeit geben, auf diese Ansprüche zu verzichten.

Die Idee der Auslandsbesteuerung sprengt die Ketten des Leviathan, weil sie die grundlegenden Prinzipien verletzt, unter denen Steuern legitim sind. Sind diese Ketten einmal gesprengt wird es gefährlich. Der Staat hat bisher jede Möglichkeit genutzt, seine Besteuerungsmöglichkeiten auszudehnen. Damit er nicht zum Ausbeuter wird, muss er sich an gute Prinzipien halten. Ausbeutung ist ein schlechtes Prinzip.

Veröffentlicht unter Uncategorized | Kommentare deaktiviert für Die Macht der Besteuerung

Chronische Institutionenblindheit – auf mindestens einem Auge

Viele Ökonomen  vertrauen den europäischen Institutionen nicht. In Europa wären zu viele Regeln gebrochen worden. Wie bei den Stabilitätskriterien für den Euro. Und weil Regeln auf europäischer Ebene sowieso nichts nützen, sondern immer gebrochen werden, ist auch eine Bankenunion abzulehnen. Bei einer Bankenunion liegt die Aufsicht über die Banken bei der Europäischen Union, also entweder bei der Kommission oder der EZB. Dazu gehört dann auch die Möglichkeit, so jedenfalls die Beschöüsse auf dem Gipfel, Banken direkt zu rekapitalisieren, um die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten. Eine gute Bankenunion, auch das wird auf europäischer Ebene geplant, ermöglicht es dann mit Hilfe dieser Rekapitalisierung, eine Bank Pleite gehen zu lassen ohne die Welt einer finanzwirtschaftlichen Kernschmelze auszusetzen.

Bei einem gemeinsamen europäischen Finanzmarkt ist das alles dringend geboten. Für die Stabilität dieses europäischen Finanzmarktes ist es nämlich ziemlich egal, ob es nun eine große englische, französische, deutsche oder italienische Bank ist, die sich verzockt hat. Und hier entsteht ein klassisches Anreizproblem. Nationale Regierungen haben sich bekanntlich als unfähig erwiesen, die Banken vernünftig zu regulieren. Klar, denn das Zocken führt ja kurzfristig auch zu mehr Steuereinnahmen, während die Kosten eines Bankenkollaps von allen Ländern mitgetragen werden, die ihre Banken retten müssen (oder die Folgen zu tragen haben, falls sie das nicht tun wollen), auch wenn sie ihrer Aufsichtspflicht gerecht geworden sind. Das werden sie aber wahrscheinlich nicht, denn wenn man als einziges Land streng mit den Banken ist, dann gehen die einfach in ein anderes europäisches Land und das kostet dann nicht nur Steuereinnahmen, sondern auch Arbeitsplätze. Da schaut man dann lieber mal nicht so genau hin.  Alles in allem also eine vernünftige Idee, die Banken europäischer Kontrolle zu unterstellen, wo es dieses Anreizproblem nicht gibt.

Jetzt kommt aber die Kritik vieler Ökonomen, dass man einer eruopäischen Bankenunion nicht vertrauen könne, weil sich ja auf europäischer Ebene sowieso niemand an Regeln hält. Hier zeigt sich einmal mehr, wie blind Vertreter meiner eigenen Zunft für institutionelle Ausgestaltungen sein können. Die Regeln zum Euro wurden im europäischen Rat verletzt, wo das Defizitverfahren gegen Länder eingestellt wurde, die diese Regeln verletzt hatten. Der Rat ist die intergouvernementale, also die nationale Institution innerhalb des europäischen Institutionengefüges, in der Vertreter nationaler Regierungen sitzen. Es gibt aber auch noch die supranationalen Institutionen: das Europaparlament und die Kommission.  Hier entscheiden nicht die Vertreter nationaler Regierungen, sondern europäische Politiker. Die Kommission ist so etwas wie eine europäische Exekutive mit judikativen Kompetenzen. Ihr würde wahrscheinlich eine sehr große Rolle bei der Bankenüberwachung zukommen. Gut, denn sie ist ausschließlich der Umsetzung von Beschlüssen und Verträgen verpflichtet und nicht nationalen Interessen. Um das zu gewährleisten sind die Teams der Kommission international besetzt. Es findet hier also erstens durch die Funktion und zweitens durch die personale Besetzung ein Ausgleich zwischen nationalen und europäischen Interessen statt. Deshalb ist es für nationale Interessenvertreter auch schwieriger die Kommission zu beeinflussen. Die Vielzahl europäischer Interessenverbände, die auch europäische Positionen erarbeiten und vertreten, belegt das. Die supranationalen Institutionen sind daher relativ immun gegenüber dem Einfluss nationaler, spezifischer Interessengruppen, z.B. gegenüber Banken.

Ihre Unbestechlichkeit gegenüber nationalen Interessen hat die Kommission bei den Defizitverfahren gegenüber Deutschland und Frankreich Anfang der 2000er Jahre bewiesen. Die unzureichenden Regeln, die eine Aufhebung dieses Verfahrens durch den Rat ermöglichten, wurden durch den Europäischen Rat beschlossen. Der war es auch, der das Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich verhinderte. Die Kommission hingegen klagte sogar gegen die deutsche Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof. Man kann ihr also nicht vorwerfen, dass sie sich nicht an europäische Regeln hält, das gilt nur für die Mitglieder der Europäischen Rates.

Viel ausgeprägter ist die Unabhängigkeit und Effektivität bei der europäischen Wettbewerbspolitik, wo die Kommission bereits den gemeinsamen Markt beaufsichtigt und schaut, dass sich Unternehmen und Staaten an dies Regeln halten. Die Kommission ist eine der mächtigsten Wettbewerbsbehörden der Welt und scheut keine Verfahren auch nicht gegen die größten und mächtigsten Unternehmen der Welt wie z.B. Microsoft, General Electrics, ThyssenKrupp etc.. Sie geht auch gegen nationale Regierungen vor, wenn es z.B. um die Liberalisierung von Monopolen geht. Auch hier wurden europäische Regeln von europäischen Politikern und Verwaltungsbeamten rigoros durchgesetzt.

Selbst wenn die Kommission nicht die Hauptaufgabe bei der Bankenunion tragen sollte, sondern die EZB, ändert sich an dieser Feststellung nichts. Die EZB hat in den vergangenen Jahren eisern an ihrem Auftrag festgehalten, die Preisstabilität zu sichern. Sie hat sich erfolgreich gegenüber politischen Forderungen gewehrt Staatsschulden zu finanzieren. Dort wo sie Staatsanleihen gekauft hat, tat sie es, um ihrem geldpolitischen Mandat, das (wenn auch untergeordnet) die Konjunkturstabilisierung einschließt, gerecht zu werden. Auch die EZB hat sich an europäische Regeln gehalten, nur die nationalen Politiker tun das nicht.

Deshalb wäre es auch töricht die europäische Bankenregulierung nur durch nationale Regierungen überwachen zu lassen. Die Legitimation und Überwachung kann genauso gut durch eine europäische Institution erfolgen: das Europaparlament. Die Parlamentarier sind ihrer Partei und ihrem Wahlkreis verantwortlich. Die Parteien sind europäisch organisiert und haben europäische Programme. Kein Wunder, warum soll ein Sozialist aus Frankreich grundsätzlich andere Ansichten haben als ein deutscher Sozialdemokrat? Dadurch, dass sie aber auch ihrem Wahlkreis verpflichtet sind, in dem sie gewählt werden müssen, findet ein Ausgleich zwischen europäischen und regionalen Interessen statt. Deshalb ist das Europaparlament auch das große europäische und demokratische Gegengewicht zum Europäischen Rat, der nur indirekt legitimiert ist und die Interessen der Nation als Aggregat vertritt und sich deshalb nur an europäische Regeln hält, wenn es einer Mehrheit der Mitglieder in den Kram passt.

Wer also behauptet, dass sich europäische Politiker nicht an Regeln halten, verwechselt die intergouvernementale Ebene, wo nationale Regierungen das Sagen haben, mit der supranationalen europäischen Ebene, wo europäische Politiker agieren. Nach all den Erfahrungen, die wir mit nationalen Regierungen haben, ist der Schluss, dass weniger Europa und mehr nationale Entscheidungen zur besseren Einhaltung von Regeln führen würde, schlicht absurd. Das Gegenteil ist richtig. Wir brauchen mehr Europa. Dort werden europäische Regeln gemacht, beachtet und durchgesetzt. Wer das nicht sieht, hat entweder nicht richtig hingeschaut oder ist auf mindestens einem Auge blind.

Veröffentlicht unter Uncategorized | Kommentare deaktiviert für Chronische Institutionenblindheit – auf mindestens einem Auge

Der blinde Fleck der Ökonomen

Ökonomen haben hinterher meistens recht. Ich weiß das, denn ich habe selbst Volkswirtschaft studiert. Z.B.das mit dem Euro. Vor dem haben viele Ökonomen gewarnt und jetzt zeigt sich: die hatten recht. Nun gilt der Euro als die ökonomische Pest schlechthin. Kann man so sehen, aber das ändert nichts an der Situation. Im Gegenteil, so wie es die Damen und Herren Wissenschaftler in einem offenen Brief formulieren, machen sie es lieber noch schlimmer. Mittlerweile hat sich bei vielen deutschen Ökonomen der Duktus eingebürgert, dass der Euro ein Falle ist, in die uns die anderen EU-Mitgliedsländer hineingelockt haben, um unseren Wohlstand zu stehlen. Und hier wird die Sache eklig. Denn das ist keine wissenschaftliche Aussage, sondern ganz perfide politische Polemik, bei der ein nationaler Unterton mitschwingt, auch wenn diese Ökonomen das wohl nicht beabsichtigt haben (und es andere prominente Vertreter des Faches gibt, die das anders sehen). Glaubt tatsächlich irgendjemand, dass die Länder, die gerade extrem unter einer Wirtschafts- und Staatskrise leiden, diese Situation absichtlich herbei geführt haben, um die armen Deutschen auszubeuten? Einfach absurd und gefährlich, denn eine wirkliche Lösung haben die Herrschaften auch nicht parat. Der Grundtenor scheint aber klar zu sein: schafft den Euro wieder ab. Aber leider sagt keiner wie das gehen soll. Niemand von denen redet Tacheles darüber, was die Folgen davon wären und ob die überhaupt seriös abgeschätzt werden können. Der Sachverständigenrat tut es in seinem Gutachten auf S. 8 f. Zusammengefasst: die Folgen wären verheerend. So lange die Wissenschaftler um Sinn sich diesen Szenarien verschließen, ist es unverantwortlich diese Lösung zu propagieren. Jeder Student, der mal was von Entscheidung unter Unsicherheit gehört hat, wird das intutitiv verstehen und sich an John Rawls Maximin-Prinzip erinnern: wenn man nicht weiß welche Situation eintritt, sollte man den Zustand wählen, in dem es einem als am schlechtesten gestellten immernoch am besten geht.

Fragen wir uns also: was ist die denkbar schlechteste aller Situationen? Das ist der Untergang der EU. Warum? Da hilft ein Blick in die Geschichte. Europa hat schon immer das Problem gehabt, dass viele Völker auf engem Raum zusammenleben und dass die alle ganz unterschiedliche Interessen haben. Früher haben Regierungen versucht dieses Problem zu lösen, indem sie die anderen Regierunge unterwerfen oder anderweitig zu beherrschen. Nationale Dominanz als Grundprinzip der europäischen Ordnung. Die mündete entweder in instabilen unilateralen Hegemonien oder in instabilen mutlilateralen Machtgleichgewichten. Die EU hingegen basiert auf einem anderen Prinzip. Niemand wird unterworfen, kein Staat wird bedroht. Es gibt zwar auch eine Machtbalance, aber die bildet sich nicht ad hoc und Freunde und Feinde werden nicht mehr beliebig ausgetauscht. Jetzt gbt es Institutionen die für eine Machtbalance sorgen. Romantisch sollte man das nicht sehen. Institutionen sind Arenen für Machtpolitik. Aber entscheidend ist, dass die Institution für alle Mitglieder eine Versicherung ist, dass ihre Interessen eine Rolle spielen und das nicht Macht zur einseitigen nationalen Dominanz genutzt wird. Machtbalance bedeutet also, dass niemand seine Interessen vollständig durchsetzen kann. Alles ist ein Kompromiss. Diese Kompromisse haben Europa stabil gemacht. Das mögen Ökonomen oft nicht so, weil Kompromisse meist nicht die beste aller möglichen Welten schaffen. So ist das auch bei der Euro-Rettung. Alles nicht schön, aber immerhin gibt es EU-Gipfel auf denen Entscheidungen getroffen werden. Die gefallen jetzt den Damen und Herren Professoren aus Deutschland nicht. Aber wenn man die Menschen in den anderen Euro-Ländern fragt, werden denen die Entscheidungen auch nicht gefallen. Ein klassischer Kompromiss eben.

Was würde es also bedeuten, wenn die Deutschen den Rambo machen, sich allen Kompromissen verschließen und daraufhin entweder andere Länder aus dem Euro treiben oder am besten vorher selbst aussteigen? Dann haben die Deutschen sich einer europäischen Lösung verweigert. Wegen den Deutschen ist die europäische Integration nicht weitergegangen. Den Deutschen war Europa einfach zu teuer. Deshalb haben sie die Machtbalance zerstört, haben sich nicht an die europäischen Spielregeln gehalten und sind dazu übergegangen ihre Dominanz auszuspielen. Ein Rückfall in alte, schlimme Zeiten. Das werden die anderen europäischen Nationen den Deutschen nicht verzeihen. Völlig zu Recht.

Außerdem ist es auch noch ziemlich dumm, denn wir brauchen eine stärkere europäische Politik für globale Probleme. Neue Finanzkrisen? Kann man nur international verhindern. Ein einiges Europa hat viel mehr Verhandlungsmacht. Klimawandel? Leider global. Flüchtlingsproblematik? De bleiben nicht im erstbesten Land. Internationale Krisen mit neuen, aufstrebenden Mächten? Da ist jedes europäische Land einzeln derartig marginalisiert, dass es nichts zu melden hat. Jetzt sagen Ökonomen: ja aber das hat doch mit dem Euro nichts zu tun. Doch hat es! Genau da liegt der blinde Fleck der Ökonomen. Alles was nicht ökonomisch ist, wird ausgeblendet. Denn wir haben jetzt die Chance diese Krise zu nutzen, um Europa Strukturen zu geben, die es ermöglichen mit internationalen Problemen umzugehen Eine Chance, die nicht oft kommt, weil nationale Politiker die Macht eben nur hergeben, wenn es gar nicht anders geht. Die großen Integrationsschritte waren immer die Konsequenz von Krisen und Veränderungen. Wenn wir jetzt Strukturen für eine gemeinsame Wirtschafts- und Haushaltspolitik implementiert haben, dann können wir sie nutzen um andere Probleme anzugehen. Manchmal machen Ökonomen dann doch einen Ausflug in benachbarte Disziplinen. Sie sagen dann oft, europäische Politik sei undemokratisch. Stimmt, aber das liegt auch an nationalem Denken. In Europa gibt es ein Parlament. Dieses Parlament wird von uns gewählt. Seine euorpäischen Entscheidungen sind dann demokratisch legitimiert. Genauso wie in Bern auch über die italienische Schweiz mitentschieden wird und das findet auch niemand undemokratisch. Damit Europa demokratisch und handlungsfähig wird, muss also das Europaparlament mehr und die nationalen Regierungen weniger entscheiden.

Und dafür gibt es jetzt eine Chance, weil wir etwas verändern müssen. Wenn wir diese Chance nutzen, dann haben wir ein Europa, das besser funktioniert und eine gemeinsame Währung. Europa hat nicht unendlich viele Chancen. Wir müssen diese hier nutzen. Sonst ist das friedliche Europa vielleicht schneller Geschichte, als viele Ökonomen aus Deutschland das wahrhaben wollen.

Veröffentlicht unter Uncategorized | Kommentare deaktiviert für Der blinde Fleck der Ökonomen

Impoliteconomist starts being impolit(e)

Nein es ist kein Fehler, es ist ein Wortspiel. Impolite = ungeschönte Analyse ökonomische Zusammenhänge. Impolit = unpolitische, also ideologiefreie Bewertung der Politik. Ökonomie ist oft gemein, Politik auch, und offenbart die unschönen Seiten im Menschen. Aber der Ökonomie entkommt keiner und der Politik auch  nicht. Deshalb sollten wir herausfinden, wie man beides am besten gestaltet und wie besser nicht. Political Correctness hilft uns dabei nicht weiter. Eine überschminkte Wahrheit ist weder schöner noch leichter zu erkennen.

Wem das nicht gefällt: sorry, aber Metadiskussionen finde ich langweilig. Da gibt es kein richtig oder falsch. Noch nicht einmal ein eher richtig oder eher falsch. Auch kein wahrscheinlich richtig oder wahrscheinlich falsch. Kurz gesagt: da hat jeder gleichzeitig recht und unrecht. Damit löst man kein einziges Problem und langweilig ist es nach einer Weile auch. Niemand mag Spiele, bei denen am Ende alle gleichzeitig gewonnen und verloren haben.

Ist das jetzt anmaßend, polemisch und polarisierend? Ja klar. Aber sonst ist es weniger interessant. Ganz ohne Schmuck geht’s dann doch nicht. Wem das gefällt: viel Spaß mit meiner ungeschminkten Wahrheit.

Veröffentlicht unter Uncategorized | Kommentar hinterlassen